Und auch heute, fast ein halbes Jahrtausend nach seiner Erschaffung, mahnt uns das Empfinden seiner Schöpfer an diesem Ort zur stillen Einkehr. Erschütternd spricht der lange Zug des Todes mit den willenlos sich fügenden Figuren uns an, nicht nur einmal jährlich im November das Thema Vergänglichkeit mit einem obligatorischen Friedhofsbesuch abzuhandeln. Die Unausweichlichkeit des Todes, denn egal ist am Ende gesellschaftlicher Stand, materieller Besitz und Alter, wird auf groteske und schonungslose Art veranschaulicht:
Wenn du kommst und wenn du gehest,
Wo du bist und wo du stehest,
Denke, daß du sterben mußt.
Klapperbein weiß, dass hinter ihm keiner mehr entrinnen kann. Unerbittlich, die Schalmei blasend und das Stundenglas empor haltend, ruft er zum letzten Tanze. Grausig weht ein letztes Haarbüschel am sonst kahlen Schädel.
Und so folgen ihm zunächst die kirchlichen Vertreter: Papst und Kardinal, Bischof und Domherr, Abt, Priester und Mönch.
Komm, alter Vater, komm, ich muss dich nur begraben,
Weil dich die Leute hier nicht länger wollen haben,
Daß aber deiner nicht so ganz vergessen sey,
Stehst du im Bildniß da mit deiner Clerisey.
Und wieder führt Spielmann Tod. Dumpf schlägt er die Trommel mit Gebein und gibt dem Reigen den Takt. Lippenlos herrscht er auch die weltlichen Machthabenden, die zum Teil portraithafte Züge tragen an, sich zu fügen: Kaiser Karl, König Ferdinand, Herzog Georg mit dem Rosenkranz als Zeichen seiner Frömmigkeit, sein Sohn Johann, den Ritter und den Edelmann:
Der Kaiser folget mir sammt allen Potentaten,
Kein König thut mirs nach an Ruhme wie an Thaten.
Der Fürst, der Grafe stirbt, es stirbt der Rittersmann,
Weil niemand, wer er sey, sich mein erwehren kann.
Es folgen die Stände: Ratsherr, Steinmetz, Soldat mit Streitaxt, Bauer mit Dreschflegel, auch der mühselig hinterdrein humpelnde Bettler mit Stelzfuß:
Ihr seid hier alle gleich. Wenn einer wär vom Adel,
Ein Ratsherr bei der Stadt, ein Meister ohne Tadel,
Soldat und Bauersmann, ein Mann mit einem Bein
Noch muß er in Person mit bei dem Tanze seyn.
Auch vor den Frauen wird nicht halt gemacht. Die fromme Äbtissin, die Fürstin Barbara und die Bäuerin mit der Gänsekiepe müssen sich fügen. Der Gevatter duldet keinen Widerspruch. Schroff faucht er durch die Zahnlücken:
Und ihr müßt auch mit dran!
Kein Weib aus allen Ständen
Wird mir in diesem Tanz entwischen aus den Händen.
Der Geizhals, noch im Tode den nun nutzlosen Geldsack vor einem Kind und einem Greis umklammernd, muss im Takte dem Tod ohne Zeitaufschub folgen:
Der junge Mann muß fort, das Kind, der alte Greis,
Weil man an diesem Ort von Unterschied nichts weiß.
Ob seiner Ernte zufrieden lächelnd geht der Tod noch mal hinterdrein und kehrt mit der Sense alles Leben vor sich her:
So wird eines nach dem andern
Hin zu seinem Grabe wandern,
Bis wir endlich alle seyn.

 
© Theo